Um zu erklären, wie sich die Begriffe dynamisch und robust im Unternehmenskontext entwickelt haben, begibt sich Roman P. Büchler auf eine kleine Zeitreise. Im 19. Jahrhundert war alles noch sehr dynamisch. Dies lasse sich am Beispiel eines Handwerks gut veranschaulichen. Kam ein Kunde zum Schuhmacher und wollte seine Schuhe reparieren lassen, reagierte dieser darauf und kreierte eine Lösung. Das war relativ einfach, denn es gab nur einen Schuhmacher im Ort und dieser hatte, wenn überhaupt, noch einen Lehrling. Im Verlauf der Industrialisierung entstanden dann die ersten Unternehmen mit Mitarbeitenden. Ziel war es, die Produktion und den Gewinn nach oben zu bringen und die Kosten zu senken. Dafür wurde begonnen, Prozesse aufzusetzen und zu standardisieren. Die Menschen wurden den einzelnen Aufgaben im Prozess zugeordnet und die Organisationen dadurch immer robuster. Das hat so lange funktioniert, bis die Welt dynamischer, kurzfristiger und volatiler wurde.
Ein Teil der Herausforderungen der heutigen Zeit seien, dass sich die robusten Unternehmen, welche in der Vergangenheit aufgebaut wurden, plötzlich mit immer wieder neuen Veränderungen konfrontiert sehen. Zudem kommen die Herausforderungen schneller bei gleichzeitig steigender Komplexität. Unternehmen, die sich durch dynamische Veränderungen nicht aus der Bahn werfen lassen, sondern schnell und flexibel darauf reagieren, werden zukünftig den Markt bestimmen. Doch nur, wenn sie auch eine gewisse Robustheit aufweisen, sprich eine stabile Leistungserbringung und Ausdauer. Es braucht eine Kombination beider Ansätze.
Roman P. Büchler zeigt deutlich die Herausforderungen auf: „Derzeit sind noch viele Unternehmen sehr robust ausgelegt. Es wird genau vorgegeben, was Mitarbeiter Maier zu tun hat. Bekommt er Teil A, weiß er, dass er Teil B jetzt fünfmal daran schrauben muss und damit ist sein Job getan. So erleben wir es tausendfach in Unternehmen. Doch dieses robuste System ist nicht darauf ausgelegt, mit Abweichungen umzugehen. Gehen wir noch einen Schritt weiter, dann lässt sich sagen, dass fast alle Menschen aus einem robusten Schulsystem herauskommen. Die Lehrenden definierten genau die Aufgaben und gaben dafür einen Lösungsweg vor. Wir haben also noch gar nicht richtig gelernt, dynamisch zu sein und deshalb wissen viele nicht, wie sie mit neuen Kundenbedürfnissen, Lieferengpässen, fehlenden Rohstoffen, Fachkräftemangel und weiteren Herausforderungen umgehen sollen. Es braucht ein Umdenken.“
In größeren Konzernen werde schon länger nach Wegen gesucht, mit der immer dynamischeren Welt umzugehen und dynamische Elemente ins Unternehmen zu bringen. Start-up-Methoden würden eingeführt, scheitern aber schon nach kurzer Zeit an der robusten Organisation und können keine Wirkung erzielen. Also werden einfach Start-ups gekauft, die separat laufen und so ihren Mehrwert einbringen können, ohne von robusten Prozessen erstickt zu werden. Fakt sei, dass es in einer dynamischen Welt Könner bzw. Menschen brauche, die wissen, wie sie mit Problemen umgehen und diese lösen. Oft fänden sich diese in Start-ups, doch auch in mittelständischen Unternehmen gäbe es solche Mitarbeitenden. Führungskräfte sollten daher einen genauen Blick in die eigenen Reihen werfen und das Potenzial herausheben, um eine dynamikrobuste Organisation aufzubauen.
In der heutigen Businesswelt liege die Kunst darin, die robusten Teile mit dynamischen Elementen zu verbinden und dafür zu sorgen, dass die Nahtstellen miteinander harmonieren. Die Vorteile einer dynamikrobusten Organisation lägen in einer schnelleren Adaption. Sie können auf Veränderungen von außen flexibler regieren und Umständen wie dem Fachkräftemangel schon jetzt entgegenwirken. Transformationsexperte Roman P. Büchler verdeutlicht die genannte Notwendigkeit: „Wir sollten uns von dem Gedanken verabschieden, dass die Digitalisierung Arbeitsplätze kostet, vielmehr löst sie Probleme, die aufgrund des Fachkräftemangels in den nächsten Jahren entstehen werden. Zudem trägt sie dazu bei, dass wieder mehr Fachkompetenz gebraucht wird und dadurch mehr Könner als nur Wissende in den Unternehmen sind – und genau diese Menschen brauchen wir auf dem Weg zur dynamikrobusten Organisation.“ In seinem aktuellen Buch «Die neue Leadership-DNA: Prinzipien für einen radikalen Umbau der Führung» ginge er noch detaillierter auf das Thema dynamikrobuste Organisationen ein.